Mittwoch, Februar 28, 2007

nichts neues part II

...allerdings in völlig anderer form.
im zuge des schriftlichen theologie examens habe ich mich heute mit dem pietismus beschäftigt. einige lexika-artikel dazu gewälzt in ein paar bücher eingelesen, usw.
der pietismus war eine frömmigkeitsbewegung ab mitte des 17. Jh. spener war der vorreiter in deutschland, ein weiterer berümter vertreter war francke, der den marbuger bloglesern wohl sehr bekannt sein dürfte. eine definition könnte z.b. so aussehen "Pietismus nennt man die tiefgreifende Bewegung des späteren 17. und frühen 18. Jh., die sich das Ziel einer neuen Reformation setzte, weil die erste durch ihr Ausmünden in die altprot. Orthodoxie im Institutionellen und Dogmatischen stecken geblieben sei." (m. schmidt)
die ziele von spener und francke lassen sich so zusammen fassen:
1) intensive Beschäftigung mit der Bibel
2) tota scriptura statt sola scriptura
3) Aktivierung des allgemeinen Priestertums
4) Vorrang eines frommen und tätigen Lebens vor aller Theorie
5) Minderung der theol. Streitigkeiten
6) Reform des Theologiestudiums

als ich das so gelesen habe dachte ich: da würde ich doch sofort mitmachen. alles unterschreiben. praxis statt theorie, danach schreit mein herz, streitigkeiten vermindern, insbesondere die theologischen, super. reform des theologiestudiums? auch da hätte ich nichts dagegen. moment...ich habe heute solche gedanken? das hats ja alles schonmal gegeben?...nichts neues also.

der pietismus hat verschiedene ausprägungen gehabt. den radikalen pietismus: diejenigen die sich separatisierten, abkapselten, ins extreme gingen. den kirchlichen pietismus: diejenigen die auf normalem wege dem ganzen nachgingen und es gab zinzendorf, den bekannten begründer der herrnhuter brüdergemeinde, aus der unsere losungen bis heute kommen. es gab verschiedene phasen des pietismus (vor-, haupt-, und spätpietismus), es wurde kritik an der landeskirche und deren intoleranz und dogmatischen exklusivitätsanspruches geübt. auch bei den punkten denke ich mir, irgendwie findet man das in manchen bereichen heute wieder. bewegungen verlaufen ähnlich...also auch nichts neues.

der pietismus strebte nach heiligung, der einzelne stand im vordergrund, die erneuerung der kirchlichen und sittlichen praxis wurde gefordert. und auch diese punkte kommen mir heute bekannt vor. gestaunt habe ich, dass in einem lexikon die freikirchen erwähnt wurden, die die eben genannten aspekte noch heute verinnerlichen. noch heute? und damals auch schon? immer noch nix neues.

die frage die für mich damit im raum steht, und die stand schon bei meiner letzens erwähnten hausarbeit zum örk in meinem kopf: wenn sich im theologischen immer wieder alles wiederholt, wenn alle dinge sowieso schon mal geschrieben, gefordert, erprobt, gelebt, gescheitert, erloschen, oder was auch immer sind, wieso kommt es immer wieder auf?
am bibs habe ich mal gelernt: weil die umstände, die lebenswelt, die lebenswirklichkeit und das umfeld jedesmal im laufe der zeit ein anderes ist.
reicht das aus? reicht eine veränderte zeitpoche aus, dass wir uns in theologischen bereichen immer wieder neu über bestimmte bereiche streiten? reicht eine veränderte zeitepoche aus, dass wir immer wieder neu bestimmte werte hochhalten, anstatt sie einfach mal konsequent hindurchzutragen?

eine der wenigen bis heute existierenden ergebnisse der pietismus bewegung ist, im praktischen bereich, die schon erwähnte brüdergemeinde, die für uns die losungen erstellt. irgendwie traurig, dass aus so einer positiven bewegung, so wenig übrig geblieben ist.

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